Neuerungen Arbeitsrecht
Abwesenheit vom Arbeitsplatz von mehr als 60 Tagen wegen Krankenstand/Unfall – Rückkehr an den Arbeitsplatz
Wenn Arbeitnehmer*innen nach einem Krankenstand oder Arbeitsunfall länger als 60 Tage vom Arbeitsplatz ferngeblieben sind, müssen sie VOR Wiederaufnahme der Arbeit vom Betriebsarzt die entsprechende Erlaubnis bzw. die sogenannte Arbeitsfähigkeit erhalten, wo sichergestellt wird, dass die bereits zuvor ausgeübte Arbeitsleistung ohne Einschränkungen weiterhin ausgeführt werden kann.
Arbeitssicherheit – Risikobewertung
In Betrieben OHNE ARBEITNEHMER*INNEN stellt sich oft die Frage betreffend die Pflicht der Gefahrenanalyse und der daraus resultierenden schriftlichen Risikobewertung in Bezug auf die Arbeitssicherheit.
Grundsätzlich sind alle Arbeitgeber, egal in welcher Unternehmensform die Tätigkeit ausgeübt wird (Einzelunternehmen, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, Vereine usw.), zur Gefahrenanalyse und zur schriftlichen Risikobewertung verpflichtet, wenn lohnabhängige oder denen gleichgestellte Arbeitnehmer*innen im Betrieb beschäftigt sind.
Darüber hinaus ist auch in folgenden Situationen die Risikobewertung vorzunehmen:
- Kapitalgesellschaften (GmbH, AG), in denen ausschließlich Gesellschafter tätig sind;
- Personengesellschaften (OHG, KG), in denen ausschließlich Gesellschafter tätig sind, wobei es gesetzlich nicht eindeutig geklärt zu sein scheint, ob bei einer KG, in der ausschließlich 1 Komplementär und 1 Kommanditist gemeldet sind, die Risikobewertung für den Komplementär (Vollhafter) zu erstellen ist oder nicht;
- Freiberufler, die ausschließlich Praktikanten/Berufspraktikanten beschäftigen;
- Familienbetriebe, in denen ausschließlich mitarbeitende Familienmitglieder beschäftigt sind.
Zudem möchten wir nochmals auf die Pflicht zur Ernennung eines Betriebsarztes hinweisen, der je nach betrieblicher Tätigkeit die Arbeitstauglichkeit der Arbeitnehmer*innen vor, während und/oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststellt und die entsprechende „Sanitäts- oder Krankenakte“ führen muss.
Diesbezüglich empfehlen wir allen Kunden unserer Kanzlei, sich diesbezüglich mit einem Sicherheitsexperten in Verbindung zu setzen, um sicherzustellen, allen gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen, da immer öfter Kontrollen von Seiten der Aufsichtsorgane durchgeführt werden.
Voraussetzung für die Anwendung von Beitragsbegünstigungen
Damit Betriebe die eventuell vorgesehenen Beitragsbegünstigungen (INPS, INAIL) anwenden können, müssen neben der Beitragskorrektheit auch die Verpflichtungen zur Arbeitssicherheit eingehalten werden. Deshalb ist es notwendig, neben der korrekten Beitragszahlung (DURC), der Einhaltung der Kollektivverträge (nationale, provinziale oder betriebliche Ebene), sonstige gesetzliche Vorschriften und die Regeln der Sicherheit am Arbeitsplatz einzuhalten. Bei Verstößen kann die Beitragsbegünstigung aberkannt werden, sofern nicht die Möglichkeit der Sanierung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist anwendbar ist.
Punkteführerschein am Bau
Aufgrund der vielen tödlichen Arbeitsunfälle in Italien und im Besonderen im Baugewerbe, sah sich die Regierung dazu veranlasst, verschärfte Maßnahmen für Baustellen zu erlassen. Ab 1. Oktober 2024 wird für alle Bauunternehmen (auch Selbstständige ohne lohnabhängige Mitarbeiter sind davon betroffen) der sogenannte Punkteführerschein eingeführt. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um ein Qualifizierungssystem, welches Betriebe dazu ermächtigt, auf der Baustelle, an denen Hochbau- und Tiefbauarbeiten ausgeführt werden, die Arbeitsleistung zu erbringen.
Wie erhalten die Betriebe diesen Punkteführerschein?
Der Punkteführerschein wird über einen digitalen Antrag durch das lokale Arbeitsinspektorat ausgestellt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Betrieb muss in der Handelskammer eingetragen sein;
- Die Arbeitnehmer und die Betriebsinhaber (Gesellschafter) müssen im Bereich der Arbeitssicherheit gemäß Artikel 34, GVD 81/2008 ausgebildet worden sein;
- Die Beitragskorrektheit (Mod. DURC) muss beigelegt werden;
- Der Besitz der Risikobewertung muss nachgewiesen werden;
- Die Bestätigung zur Korrektheit der steuerlichen Verpflichtungen (Mod. DURF) muss beigelegt werden.
Betriebe, die hingegen die SOA-Zertifizierung vorweisen können, sind von diesem Qualifizierungssystem bzw. Punkteführerschein ausgenommen.
Das System funktioniert aufgrund eines Punktekontos, wobei zu Beginn die Betriebe 30 Punkte erhalten und dieses Punkteguthaben je nach Schwere von Arbeitsunfällen bzw. bei Vergehen in Bezug auf die Arbeitssicherheit gekürzt wird. Ereignen sich keine Arbeitsunfälle sind Bonuspunkte möglich. Bei Punkteverlusten kann über sogenannte Aufholkurse das Punkteguthaben wieder aufgebessert werden. Wer jedoch weniger als 15 Punkte auf dem Konto hat, verliert die Qualifikation für die Ausführung von Bauarbeiten und darf keine weiteren/neuen Bauarbeiten (öffentliche und private Bauten) mehr übernehmen und kann lediglich die bereits begonnen Arbeiten abschließen.
Zudem wird auch die Pflicht der Bauherren oder der Baustellenverantwortlichen dahingehend abgeändert, dass diese vor Beginn der Arbeiten überprüfen müssen, ob die beauftragten Unternehmen im Besitz dieses Punkteführerscheins oder der SOA-Zertifizierung sind. Bei Unterlassung dieser Überprüfungspflicht wird gegen die Bauherren/Baustellenverantwortlichen ein Bußgeld in der Höhe von 711,92 Euro bis 2.562,91 Euro verhängt.
Von dieser Regelung ausgenommen sind jene Unternehmen, die nur mit der Lieferung von Waren auf die Baustelle beauftragt werden, wie beispielsweise Unternehmen, die ausschließlich mit Baumaterialen bzw. Baustoffen handeln, ohne aber die Bauarbeiten durchzuführen, oder Freiberufler wie Architekten, Ingenieure, Geometer usw., die auf der Baustelle die Arbeiten überwachen oder koordinieren.
Erneuerung von Kollektivverträgen
In den letzten Monaten wurden die Kollektivverträge für die Sektoren „Handel/Dienstleister/Tertiärsektor“ und „Freiberufler“ erneuert, wobei wir hauptsächlich folgende Neuerungen hervorheben möchten:
Handel/Dienstleister/Tertiärsektor
Lohnerhöhungen gestaffelt nach Einstufungsklassen für die Monate: 04/2024, 03/2025, 11/2025, 11/2026 und 02/2027, sowie „Una Tantum“ Nachzahlungen mit 07/2024 und 07/2025, sowie die Erhöhung des territorialen Lohnelements von vorher 50,00 Euro auf nunmehr 125,00 Euro.
Befristete Arbeitsverträge können weiterhin ohne Begründung für eine Dauer von max. 12 Monaten abgeschlossen werden. Längerdauernde befristete Arbeitsverträge bis zu max. 24 Monate können ausschließlich mit den kollektivvertraglich festgelegten Sachbegründungen abgeschlossen werden, die wie folgt festgelegt wurden:
Schlussverkäufe, Messen, Arbeiten in Zusammenhang mit Feiertagen/Ferienzeiten (Weihnachten, Ostern), vorübergehende Intensivierung der spezifischen Tätigkeiten in Zusammenhang mit Projekten zur Digitalisierung oder Neueröffnung/Umstrukturierungsarbeiten von Filialen. Zudem wurde die Möglichkeit der Flexibilitätsklausel bei Part Time-Verträgen abgeschafft.
Ab April 2025 wird die Beitragszahlung für die Zusatzkrankenversicherung um drei Euro monatlich auf 15,00 Euro erhöht. Ebenfalls wird die Beitragszahlung für die Zusatzkrankenversicherung für „quadri“ jeweils um 20,00 Euro mit 01/2025 und 01/2026 erhöht.
Freiberufler
Lohnerhöhungen gestaffelt nach Einstufungsklassen für die Monate: 03/2024, 10/2024, 10/2025 und 12/2026, sowie „Una Tantum“ Nachzahlungen mit 05/2024 und 05/2025.
Ab März 2024 wird die Beitragszahlung für die Bilaterale Körperschaft um sieben Euro monatlich auf 29,00 Euro erhöht. Außerdem wird ein zusätzlicher bezahlter Tag für Vorsorgeuntersuchungen, die 1-mal jährlich stattfinden, gewährt.
Zudem wird die Probezeit für befristete Arbeitsverträge mit einer Dauer von weniger als 6 Monaten auf jeweils die Hälfte reduziert.
Befristete Arbeitsverträge können weiterhin ohne Begründung für eine Dauer von max. 12 Monaten abgeschlossen werden. Längerdauernde befristete Arbeitsverträge bis zu max. 24 Monaten können ausschließlich mit den kollektivvertraglich festgelegten Sachbegründungen abgeschlossen werden, die wie folgt festgelegt wurden:
zeitweilige Erhöhung von Beauftragungen für eine Dauer von mehr als 12 Monaten, Neueröffnung/Umstrukturierungsarbeiten von Filialen.
Im territorialem Gewerkschaftsabkommen wird außerdem festgelegt, dass bei Krankheit von Kindern den Eltern zusätzlich zur gesetzlichen Regelung (bei Kindern bis zu drei Jahren ein unbezahlter Wartestand für die gesamte Dauer der Krankheit des Kindes / bei Kindern zwischen drei und acht Jahren für fünf Tage unbezahlter Wartestand) ein unbezahlter Wartestand für Kinder bis zum achten Lebensjahr von 10 Tagen pro Jahr zusteht und gleichzeitig wird eine teilweise Lohnfortzahlung zu Lasten des Arbeitgebers einführt, die je nach Mitarbeiteranzahl im Betrieb gestaffelt ist:
- Arbeitgeber mit bis zu 15 Mitarbeiter*innen: 1 Tag für jedes Kind pro Jahr
- Arbeitgeber mit mehr als 15 Mitarbeiter*innen: 3 Tage für jedes Kind pro Jahr.
Für Klärungen oder ein Beratungsgespräch stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
taktiva.