Mit Notverordnung (DL Nr. 34/2020), bekannt unter der Bezeichnung „Decreto rilancio“, wurde der sogenannte Superbonus 110% für energetische Sanierungsmaßnahmen eingeführt.
Mit diesem Rundschreiben versuchen wir die wesentlichen Aspekte dieser steuerlichen Begünstigung aufzuzeigen. Aufgrund der Komplexität dieser Bestimmung können nicht alle Details behandelt werden, diese müssen im Zuge von Beratungsgesprächen erörtert und mit Anwesenheit der beauftragten Techniker geklärt werden.
Wer kann den Superbonus in Anspruch nehmen?
- Physische Personen, auch Nichtansässige mit Eintragung in das AIRE-Verzeichnis;
- Kondominien;
- Wohnbaugenossenschaften und Wohnbauinstitute;
- ONLUS und andere gemeinnützige Einrichtungen;
- Amateursportvereine (auf die Umkleideräume beschränkt);
- Unternehmen und Freiberufler, beschränkt auf Baueinheiten innerhalb von Kondominien, auf denen begünstigte Arbeiten auf Gemeinschaftsanteilen durchgeführt werden;
Den Superbonus können grundsätzlich die Eigentümer, die Inhaber eines Realrechtes (z.B. Fruchtgenuss, Wohnrecht), Mieter, Leasingnehmer, Leihnehmer oder auch zusammenlebende Familienmitglieder in Anspruch nehmen.
Welche Maßnahmen fallen in den Superbonus und welche Höchstbeträge gelten für die einzelnen Maßnahmen?
Der Gesetzgeber unterscheidet grundsätzlich zwischen primären Maßnahmen (interventi trainanti) und sekundären Maßnahmen (interventi trainati).
Als primäre und voraussetzende Maßnahmen gelten:
-Wärmedämmung der Außenfassade (mind. 25% der Außenfläche), wobei vorgegebene Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) eingehalten und bestimmte Dämmstoffe verwendet werden müssen;
Höchstbeträge: max. 50.000 Euro für Einfamilienhäuser, 40.000 Euro je Einheit in Gebäuden mit mindestens 2 und höchstens 8 Baueinheiten, 30.000 Euro je Einheit in Gebäuden mit mehr als 8 Baueinheiten. Es muss auf die Anzahl der Baueinheiten und nicht auf die Anzahl der Wohnungen abgestellt werden!
Zugelassene sekundäre Maßnahmen: Austausch von Fenstern und Türen, Sonnenschutz, Biomasse-Heizkessel, Sonnenkollektoren, Brennwert-Heizkessel, Wärmepumpen, Warmwasserbereiter mit Wärmepumpe, Hybridgeneratoren, Gebäudeautomation, Mikrogeneratoren, Photovoltaikanlage, Ladestationen für Elektrofahrzeuge;
-Austausch der Zentralheizung in Kondominien bzw. Austausch der Heizung in Einfamilienhäusern und Reihenhäusern durch zentrale Brennwertkessel, Wärmepumpen oder Hybridsysteme oder Anschluss ans Fernwärmenetz in Berggebieten (ganz Südtirol gilt als Berggebiet)
Höchstbeträge: max. 30.000 Euro für Einfamilienhäuser, 20.000 Euro je Einheit in Gebäuden mit mindestens 2 und höchstens 8 Baueinheiten, 15.000 Euro je Einheit in Gebäuden mit mehr als 8 Baueinheiten.
Zugelassene sekundäre Maßnahmen: Austausch von Fenstern und Türen, Sonnenschutz, Wärmepumpen, Warmwasserbereiter mit Wärmepumpe, Sonnenkollektoren, Gebäudeautomation, Photovoltaikanlage, Ladestationen für Elektrofahrzeuge;
-Ausgaben für die Erdbebensicherheit an Gebäuden
Höchstbeträge: die vorgesehenen Steuerabzüge für „Sismabonus“ werden auf 110% erhöht, max. 96.000 Euro je Wohneinheit
Zugelassene sekundäre Maßnahmen: Photovoltaik- oder Solaranlage.
Der Gesetzgeber sieht für die sekundären Maßnahmen (interventi trainati) vor, dass diese grundsätzlich in den Superbonus 110% hineinfallen, sofern sie mit einer primären Maßnahme gleichzeitig durchgeführt werden. Hier bestehen noch erhebliche Zweifel in der Auslegung dieser Bestimmung, sowohl inhaltlich als auch in der zeitlichen Zuordnung.
Steigerung von zwei Energieklassen
WICHTIG: Damit der Superbonus von 110% angewandt werden kann, wird eine
Verbesserung von zwei Energieklassen beim zu sanierenden Gebäude vorausgesetzt, bzw.
sollte eine Verbesserung von zwei Energieklassen nicht mehr möglich sein, so muss die
bestmögliche Energieklasse erreicht werden.
Welches Zeitfenster gilt für den Superbonus?
Nach den aktuellen Bestimmungen werden die Ausgaben im Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2021 begünstigt. Es gilt grundsätzlich das sogenannte „Kassenprinzip“, d.h. die Ausgaben müssen innerhalb des genannten Zeitfensters bezahlt werden.
Für Unternehmen gilt das „Kompetenzprinzip“, d.h. der Grundsatz der periodengerechten Zuordnung.
Über eine mögliche Verlängerung dieser Begünstigung wird diskutiert.
Zahlungsmodalitäten
Für den Superbonus müssen - wie bei anderen Steuerabzügen auch - sogenannte „Bauüberweisungen“ durchgeführt werden, d.h. mit Angabe der Steuernummer des Bauherrn, die Steuer- oder MwSt.-Nr. des ausführenden Handwerkers/Unternehmen und der jeweilige Gesetzesbezug für die energetische Sanierungsmaßnahme.
Unternehmen und Freiberufler können (immer nur beschränkt für Gemeinschaftsanteile in Kondominien) auch einfache Überweisungen durchführen.
Höhe und Verwendung des Steuerbonus
Der Steuerbonus beträgt 110% der bezahlten Ausgaben und wird in 5 Jahren (nicht 10 Jahre) von der Bruttosteuer in Abzug gebracht.
Bezüglich der förderbaren Ausgaben und den festgelegten Höchstgrenzen für jede energetische Sanierungsmaßnahme gilt es, diese mit anderen bereits bestehenden steuerlichen Begünstigungen abzuwägen und auf ihre Vorteilhaftigkeit hin zu prüfen.
Steuerpflichtige mit geringen Einkommen oder Liquiditätsengpässen können entscheiden, entweder bei den ausführenden Unternehmen einen Preisnachlass in Höhe des Steuerbonus anzufragen ODER alternativ den Steuerbonus an Dritte abzutreten. Eine Umwandlung des Steuerbonus in ein verrechenbares Steuerguthaben ist für den Steuerpflichtigen selbst nicht möglich.
Die Möglichkeit der Abtretung des Steuerbonus an Dritte (z.B. Banken, Finanzinstitute, Unternehmen, Privatpersonen) gilt ab sofort auch für alle anderen und bisherigen Steuerabzüge im Rahmen von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen.
Empfohlene Vorgangsweise:
Angesichts dieser komplexen Bestimmungen mit noch wichtigen zu klärenden Sachfragen versuchen wir eine erste Empfehlung zu geben:
1) Besprechen Sie zuallererst mit einem kompetenten Techniker die konkrete Machbarkeit der energetischen Sanierungsmaßnahmen in Bezug auf den Superbonus 110%;
2) Aussprache mit dem Steuerberater in Anwesenheit des beauftragten Technikers;
3) Ausarbeitung des Sanierungsprojektes (z.B. Baukonzession, Gutachten, u.a.);
4) Erstellung der energetischen Dokumentation für den Bestand (Ist-Zustand);
5) Elektronische Mitteilung an das Arbeitsinspektorat (Baustellenvorankündigung) durch den beauftragten Techniker;
6) Mitteilung des Baubeginns durch den beauftragten Techniker;
7) Rechnungsstellungen und Zahlungen (Bauüberweisungen);
8) Mitteilung des Bauende durch den beauftragten Techniker;
9) Erstellung der energetischen Dokumentation nach den Sanierungsarbeiten, inkl.
ENEA- Meldung.
Für weiterführende Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
taktiva.